Tuesday, March 3, 2009

Der Chaos Computer Club feiert seinen großartigen Erfolg!

Heute hat das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zu der Klage zweier Bürger gegen den Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 bekanntgegeben. Dieser Einsatz war nicht rechtmäßig, und der CCC bejubelt dies nun als großartigen Erfolg seiner Kampagne. Über das Urteil selbst möchte ich mir als Nichtjurist keine größeren Gedanken machen, über das Gejubel des CCC jedoch schon:

Der CCC versteht sich ja als sowas wie das NGO der Computer-Experten. In der Öffentlichkeit wird er als kompetent, engagiert und politsch wachsam wahrgenommen. Wann immer es gilt, die angeblichen bürgerlichen Rechte von Menschen im Netz zu schützen, erklärt sich der CCC für zuständig. So auch hier: Ausgehend von einer Aktion holländischer Hacker wurde eine Kampagne gegen Wahlcomputer losgetreten: Wahlcomputer seien grundsätzlich schlecht, weil nicht transparent, und deswegen gehören sie verboten. In einigen Bundesländern ist das schon passiert, und jetzt scheint es auch im Bund bald so weit zu sein: Wahlen in Deutschland haben mit Stift und Zettel zu geschehen, denn alles andere, wir wissen es dank der fleißigen Hacker, ist "unsicher".

Als Konsequenz dürfen wir also in Zukunft nicht darauf hoffen, mehr direkte Demokratie mit Hilfe elektronischer Verfahren zu realisieren. Diskutieren, ja. Entscheiden? Nur mit Stimmzetteln. Und das haben wir nun ausgerechnet den Leuten zu verdanken, die am Liebsten an Ihren Computern herumhängen, sich ihr Leben mit dem Internet organisieren und sich mehr und mehr über die elektronischen Medien definieren.

Herzlichen Glückwunsch, lieber CCC!

P.S.: Weniger polemisch und fundierter hat Till Westermeyer seine Gedanken zu diesem Thema veröffentlicht. Danke dafür!

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10 comments:

  1. Ich kann dir nur zustimmen. Mir scheint hier wurde etwas arg zu kurzsichtig gehandelt. Anstatt nur gegen die offensichtliche Mängel vorzugehen wurden hier, so scheint mir (nicht nur vom CCC) Wahlmaschienen generell verteufelt.

    Wir leben im 21. Jahrhundert. Da sollte man sich meiner Meinung lieber Gedanken darüber machen, wie man eine sichere und transparente elektronische Wahlinfrastruktur schaffen kann.

    Bezogen auf den Fall von 2005 begrüsse ich die Entscheidung. Perspektivisch gesehen könnte sich das aber meiner Meinung nach auch als Hemmschuh herausstellen.

    GNUvote, anyone?

    Cheers, joedemo42 (Florian Voigt)

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  2. Ich finde deine Sicht der Dinge wirklich zu undifferenziert. Zum einen weisst du sehr genau, dass wenn Raum zu Manipulation vorhanden ist, dieser gern genutzt wird. Schlimmer ist es meiner Meinung nach, wenn es kaum oder keine Möglichkeiten gibt, diese Manipulation nachzuvollziehen. Das ist auch eigentlich der zentrale Punkt der ganzen Geschichte. Niemand hat etwas wenn man man elektronisch seine Stimme abgeben kann, solange es nachvollziehbar geschieht. Bei den bisherigen Verfahren ist dies schlicht nicht möglich. Deswegen gehören sie nicht nur meiner Auffassung nach, abgeschafft.

    Gerade bei den Online Petitionen ist ja diese Art der Nachvollziehbarkeit noch am ehesten gegeben. Man sieht jede einzelne Stimme. Kann diese von Hand nachzählen und am Ende die Summen Vergleichen. Jeder der eine Stimme abgibt kann nachvollziehen ob diese registriert wurde.

    All das geht mit den tollen Wahlcomputern nicht und in dieser Hinsicht verallgemeinerst du. Kanns du dir vorstellen, ein System für die Online-Bundestagswahl zu erschaffen / erdenken, welches in der Lage ist, einem Sturm von allen, im Internet erdenklichen, Angriffsszenarien standzuhalten und die oben genannten Transparenzaspekte mit einbezieht? Offensichtlich ist bisher so noch niemandem Gelungen.

    Ich habe wirklich kein Problem mit hohen Sicherheits- und Transparenzansprüchen wenn es um so etwas wie die Formulierung des Volkswillen geht. Den CCC deswegen als technologiefeindlich abzustempeln find ich totalen Quatsch.

    Gerade der CCC sagt: "Setzt euch mit der Technik auseinander und schaut was geht" und wenn was geht was nicht gut ist sagt man halt bescheid.

    Ich meine wenn $Hacker sich mal angeschaut hat wie $Technologie angeschaut hat wird ihm oder ihr einfach so schlecht, dass man weiss, dass man bestimmte dinge entweder selber baut oder schlicht nicht mehr verwendet. Natürlich wäre der erste Ansatz lobenswerter, allerdings sehe ich den CCC jetztauch nicht unbedingt als Technologieschmiede.

    Soweit erstmal.

    Viele Grüße, hukl

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  3. Wahlcomputer bescheren uns direktere Demokratie?! Vielleicht eVoting übers Internet oder per SMS? Wer sorgt für die Sicherheit? Das PTB natürlich! Die vom CCC kennen sich damit ja eh nicht aus und unserer junta kann man ja beim Voting voll und ganz vertrauen.

    Ach da du ja eh keine Argumente gegen die Wahlcomputer-Kritik vorgebracht hast, wüsst ich jetz gar nicht wo ich anfangen soll deine Argumente zu zerlegen..

    Wahlcomputer funktionieren in einer Demokratie nicht!! Niemals! PUNKT!

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  4. > Zum einen weisst du sehr genau, dass wenn Raum zu Manipulation vorhanden ist, dieser gern genutzt wird.

    Genau hier unterscheidet sich meine Sicht der Welt von Deiner. Ich gehe davon aus, daß der Vertrauensmißbrauch die Ausnahme, und nicht die Regel ist. Wir können keine bessere Gesellschaft auf Mißtrauen aufbauen.

    Auch für Wahlen gilt: Es gibt keine absolute Sicherheit. Auch Zettelwahlen sind manipulierbar, und wir sind auf Vertrauen angewiesen: Vertrauen in die uns fremden Wahlhelfer, Vertrauen in die Zähler, Vertrauen in die Wahlbeobachter.

    Es stimmt: Wenn man Wahlen elektronisch durchführen möchte, muß man dafür sorgen, daß eine ausreichende Transparenz gewährleistet ist, und in dieser Hinsicht gibt es reichlich zu tun.

    Und im übrigen: Bitte lest meine Polemik als das, was sie ist.

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  5. > Und im übrigen: Bitte lest meine Polemik als das, was sie ist.

    Nagut ;)

    Zum Thema Misstrauen und so: Ich würde das gerne auch so sehen aber irgendwie hab ich persönlich schon zu viel von Wahlmanipulationen gehör, mit oder ohne Computer. Selbst wenn es die Ausnahme ist, wenn von 80 Millionen nur ein einziger Manipuliert kann das schon ausreichen.

    Nungut, weitermachen!

    Viele Grüße, hukl

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  6. Der Traum von der "besseren Gesellschaft" ist doch eh unrealistisch.

    Wenn es Platz für Manipulation gibt, wird der auch genutzt. Außname oder Regel.
    Und der Platz ist bei Wahlcomputern meiner Ansicht nach größer.

    Über die Rolle des CCC kann man natürlich streiten.

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  7. > Auch für Wahlen gilt: Es gibt keine absolute Sicherheit.

    Deswegen lieber mehr als weniger.

    > Auch Zettelwahlen sind manipulierbar, und wir sind auf Vertrauen angewiesen: Vertrauen in die uns fremden Wahlhelfer, Vertrauen in die Zähler, Vertrauen in die Wahlbeobachter.

    Wir sind eben nicht vollkommen auf andere angewiesen, weil wir selber helfen, zählen oder beobachten können.

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  8. Als erfahrener Polemiker müsstest Du auch dem CCC das Recht auf etwas pointiertere Äusserung zugestehen, immerhin bewegt das dann auch mal was... Gut man, kann das "Technik verteufeln" nennen, aber nach diversen Wahlbeobachtungen und intimer Kenntnis des Innenlebens der Kisten wärest Du sicher auch nicht mehr bereit, dadrauf Demokratie zu spielen. Ich bin mit dem BVerfG-Urteil ganz zufrieden, weil es eben primär Grundsätze definiert, nach denen sich zukünftige Wahlsysteme richten müssen. Diese Grundsätze sind richtig und vernünftig, weitaus besser als etliches was wir sonst so an Risikotechnologieregulierung haben. Vielleicht erstmal das Urteil genau lesen und dann lospöbeln? (auch wenn es zugegebenerweise amüsanter ist, erst zu pöbeln und dann zu lesen...)

    Das wir mit den derzeitigen Demokratieformen nicht mehr sehr viel weiterkommen ist unbestritten. Das dadurch die Anzahl möglicher Manipulationsinteressenten eher steigt als sinkt (siehe Entwicklung der Wahlergebnisse) ist aber auch klar. Insofern ist es gerade in Zeiten des Umbruchs hilfreich, wenn wenigstens die Wahlen halbwegs funktionieren und nicht ein Experimentierfeld für unausgereifte Technik werden.

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  9. Auch ich bin nun total beruhigt, da ja nun die Demokratie gerettet ist und alles besser wird. Blos, wie war das noch gleich, wenn Wahlen etwas aendern wuerden, waeren sie schon verboten?

    Also, wer bitte hat mehr Angst vor Wahlen mit Wahlcomputern als Wahlen ohne Wahlcomputern?

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  10. @frank & hukl: was hans hier kritisch beleuchtet ist die reaktion des ccc auf das urteil. und die ist nun wirklich kindisch, denn das war, wenn überhaupt, ein Pyrrhussieg.

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