Ich zeige Euch mal, wie Fahrkarten-Automaten in DDR-Straßenbahnen
funktioniert haben, vor 25 Jahren:
Durch Ziehen des Hebels wurde das eingeworfene Geld - hinter einer
Glasscheibe sichtbar - nach rechts gedreht und ein Fahrschein
ausgegeben. Durch die Scheibe konnte man also sehen, was die beiden
vorherigen Fahrgäste bezahlt hatten.
Man konnte den Hebel bedienen, ohne Geld eingeworfen zu haben, und
erhielt trotzdem ein Ticket. Gedacht war es so, dass die
Bezahlung "sozial" kontrolliert wurde, d.h. jeder im Wagen konnte
sehen, ob gerade jemand bezahlt hatte und ob der richtige Betrag
eingeworfen wurde. Zeitkarten-Inhaber hatten ihre Zeitkarte in
die Höhe zu halten, um so zu erklären, dass sie nicht zur Zahlbox
gehen mussten.
So weit, so gut. Man mag jetzt darüber philosophieren, ob das nur
in einem Spitzelstaat funktionieren kann oder einfach locker und
normal war, mich hat das als westberliner Kind auf Besuch
jedenfalls beeindruckt. Simpel, einfach, unkompliziert.
Warum ich das schreibe?
deshalb.
Erstmal: Wenn ich eine Fahrkarte kaufen möchte, dann, weil ich
fahren will. Ich bin nicht an "anderen Angeboten" interessiert,
und ich fände es auch total unhöflich gegenüber folgenden
Fahrgästen, wenn ich mir noch die interessanten "anderen Angebote"
ansehen würde. Die könnten es ja auch eilig haben. Das scheint
bei der BVG aber niemanden zu interessieren, und deswegen wird auf
dem Fahrkartenautomaten erst mal eine Werbe-Seite angezeigt mit
irgendwelchen irrelevanten Informationen, die noch nie
jemand gelesen hat, ausser, wenn er eine Fahrkarte kaufen wollte
und herausfinden wollte, wie das geht. Irgendwo in diesem
Werbemüll steht "Berühren sie den Bildschirm", und wenn man das
macht, dann wird auch tatsächlich die Auswahlseite für die
Fahrscheine angezeigt.
Diese Werbeseite ist komplett sinnlos und muss weg. Alle, die
sich diesem Automaten nähern, wollen Fahrkarten kaufen. Wozu zur
Hölle müssen diejenigen, die es noch nicht wissen, diesen
Bildschirm angucken und herausfinden, dass sie ihn berühren
müssen? Es gibt da auch nichts zu "saven" oder so. Es kostet
einfach nur zusätzliche Zeit, diesen Bildschirm zu verstehen. Er
fügt der Dienstleistung "öffentlicher Nahverkehr" keinerlei
Mehrwert hinzu. Wenn es noch zusätzliche tolle Sachen gibt, dann
sollten die bitteschön auf Werbeflächen beworben werden, nicht auf
einem Fahrkartenautomaten, den die Fahrgäste dazu benutzen, sich
eine Fahrkarte zu kaufen.
Okay fein, ich habe also den Bildschirm berührt und der Automat
zeigt mir an, welche Fahrkarten er mir verkaufen kann. Ich muss
zugeben, dass sich hier in den vergangenen Jahren, seit die BVG
die grandiose Idee hatte, die Automaten, welche für jeden
Fahrkartentyp eine eigene Taste haben und die in der Straßenbahn
auch nach wie vor im Dienst sind, durch diese
Touchscreen-Windows-Gurken zu ersetzen, einiges getan hat. Früher
hatte diese Schrottsoftware auch noch eine Latenz im
Sekundenbereich, heutzutage werden immerhin die wichtigsten
Fahrscheine direkt auf der Einstiegsseite zum Kauf angeboten.
Wenn man Glück hatte und gerade vorher jemand anderes einen
Fahrschein gekauft hat, muss man also nur den Fahrschein auswählen
und darf dann gleich bezahlen.
Aber:
Das Bezahlen dauert immer noch so lange, dass ich mich dem
Automaten inzwischen stets mit dem ausdrücklichen Bewusstsein
nähere, den gleich kommenden Zug nicht erreichen zu können. Nur
so kann ich Frustration vermeiden und gelegentlich komme ich sogar
in die Situation, einen Fahrschein erworben zu haben, bevor
ein Zug ein- und ausgefahren ist, was mir dann kleine
Glücksgefühle beschert.
Das Prüfen meines Geldes benötigt in diesem Wunderwerk der Technik
nämlich tatsächlich Sekunden. Wenn ich mehrere Fahrscheine kaufe,
dann wird zwischen dem Ausdruck der Fahrscheine jeweils mehrere
Sekunden gewartet, und das Auszahlen des Restgeldes muss der
Automat sich auch sekundenlang überlegen. Ich weiss, dass
das nicht sein muss. Ich weiss, das das schneller gehen
kann, wenn man die Zeit des Fahrgastes wertschätzt und nichts
unversucht lässt, den eigentlich unnötigen Vorgang des
Fahrscheinerwerbs so schnell wie möglich durchzuführen.
Ganz bizarr wird es, wenn man mit seiner EC-Karte bezahlt. Das
man bei uns immer eine PIN eingeben muss, und nicht, wie in vielen
anderen Ländern der Welt, einfach seine Karte durchzieht und damit
in einer oder zwei Sekunden bezahlt hat, das prangere ich in
diesem Zusammenhang noch nicht mal an. Dass ich aber, wenn ich
einen Kurzstrecken-Fahrschein für 1,30 Euro gekauft habe, noch
warten muss, bis mir ein komplett sinnloser und mit total
überflüssigen Fakten bedruckter "EC-Beleg" produziert wurde, das
kann ich einfach überhaupt nicht begreifen. Auf dem Zettel
steht, ich soll ihn aufbewahren, aber daran denke ich doch
gar nicht. Wie kommen die eigentlich dazu, mir dieses
Papierstück aufzudrängen? Nur aus Höflichkeit gegenüber meinen
Mitreisenden lasse ich den Müll nicht direkt im Automaten liegen,
sondern schmeisse ihn in den nächsten Mülleimer, aber das ist
einfach der Gipfel des Schwachsinns. Auf dem Fahrschein ist genug
Platz, um das Zahlungsmittel zu dokumentieren, wenn das
tatsächlich von der Buchhaltung so verlangt wird.
Um bei dieser Kurzstrecke zu bleiben: Den Fahrschein hab ich nun
also, der Zug steht bereit und ich will ihn nehmen, aber jetzt
muss ich das Ding auch noch entwerten? Auf dem Bahnsteig?
Wie bescheuert ist das denn eigentlich? Der Vorverkauf ist ja
wohl der Sonderfall, und der normale ist, dass man hier seinen
Fahrschein für den sofortigen Fahrtantritt kauft. Wenn
dann, wie am U-Bahnhof Rosenthaler Platz, nur ein Entwerter für
zwei Automaten zur Verfügung steht, dann ist der Zug eben doch
wieder weg, bevor man den Entwerter gefunden und das kostbare
Dokument validiert hat. Ich hab's ja so geplant und deswegen ist
es auch keine grosse Enttäuschung, aber
Wer auch immer bei der BVG für diesen Kack verantwortlich ist: Sie
sind ein Amateur. Sie gehören nicht auf diese Stelle. Machen Sie
Platz für jemanden, der seine Aufgabe ernst nimmt und für den das
Wichtigste nicht das sorgfältige Zählen des Fahrgeldes, sondern
die bequeme und zügige Beförderung der Fahrgäste ist.